Das Unglueck von Luisenthal  
 
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Vor über 40 Jahren

Das Grubenunglück
Luisenthal
1962

QUELLE:

http://www.sr-online.de/landleute/1050/23344.html



 

Der 7. Februar 1962, der als „schwarzer Tag für den Bergbau und das Saarland“ in die Geschichte einging, begann trist und trübe, mit Nieselregen.





Gegen 7.45 Uhr, am Alsbachschacht, einem der vier Seilfahrtschächte der Grube Luisenthal: ein dumpfer Knall, der in Saarbrücken-Burbach und Altenkessel zu hören ist. Unter der Wucht einer Detonation unter Tage fliegt der Schachtdeckel hoch und bleibt im Gerüst hängen. Eine schwarze Rauchwolke tritt aus dem Alsbachschacht aus und steht wie ein finsteres Mahnmal über dem Förderturm. Ein Anwohner fotografiert sie - das einzige bekannte Bild von dem Grubenunglück. Die schlimmsten Vermutungen bestätigen sich: Im Alsbachfeld von Grube Luisenthal ist es auf Sohle vier zu einer Schlagwetterexplosion gekommen.





Die Hauptrettungsstelle in Friedrichsthal und die Grubenwehr Luisenthal wurden sofort alarmiert, sodass die Rettungsarbeiten schon wenige Minuten nach der Explosion anliefen. Bald beherrschte der Lärm von Sirenen, Krankenwagen, Hubschrauber-Rotoren und Martinshörnern Luisenthal und Umgebung.

Längs
der Auffahrt zur Grube und am Zechentor sammelte sich eine Menschenmenge: vor allem Angehörige der 998 Bergleute, die an diesem Morgen auf Grube Luisenthal zur Schicht eingefahren waren.

664 allein im Alsbachfeld, und von diesen 433 im
Bereich der Explosion.

Bis zum Mittag waren 73 Bergleute lebend geborgen, mit zum Teil schwersten Verletzungen. 61 Kumpel kehrten unverletzt ans Tageslicht zurück. Schon kurz nach Mittag hieß es: keine Überlebenden mehr. Nun wurde die Dimension der Katastrophe erkennbar: Nicht elf Bergleute, wie es zunächst hieß, sondern 287 Männer hatten in 600 Metern Tiefe ihr Leben lassen müssen.





24 Stunden nach der Explosion kamen die ersten Namenslisten heraus, brachten erleichternde aber meist traurige Gewissheit für die Angehörigen in der noch immer wartenden Menge. Erst zwei Wochen später waren auch die letzten Vermissten tot geborgen. Andere, zunächst lebend aus dem Berg geholt, erlagen später ihren Verletzungen, so dass die Katastrophenbilanz Ende Februar 1962 lautete: 299 Tote, der älteste 59 Jahre alt, der jüngste noch nicht ganz 17, und 73 Verletzte.

 

 

Zwei für viele:

Die Bergleute
  Willi Pauly und Horst Lui

Auf diesem Bild sind Franz  Bauer u.  Robert  Scherer!



 

Der Bergmann Willi Pauly, damals 31, war Mitglied der Grubenwehr und seit gerade drei Wochen freigestelltes Betriebsratsmitglied.

Er hörte den Alarm im Betriebsratsbüro und stürzte sofort hinaus, um sein Rettungsgerät zu holen. Mit einem Rettungstrupp fuhr er im Richardschacht 2, auf Luisenthaler Gelände, ins Bergwerk ein. Kletterte mit seinem 30 Kilo schweren Gerät 120 Meter hinauf und hinab über Leitern durch Fahrschächte in Richtung Alsbachschacht. Dann die ganze Strecke – 600 Meter tief unter Burbach und Altenkessel - zurück, weil ein Mann aus dem Trupp sein Mundstück vergessen hatte. Dann mit einem komplettierten Rettungstrupp wieder hin zum Streb 3 F.

Und überall nur Tote. Immer nur an Toten vorbei. Nicht einen Überlebenden fanden sie. An dem einzigen, der dort unten noch lebte, gingen die Retter vorbei, weil er bewusstlos unter einem Wagen lag. Ihm gelang es später, sich allein in Sicherheit zu bringen.

Am nächsten Tag gab es auch für Willi Pauly kein Ausruhen. Er musste mithelfen, die Toten zu identifizieren, die im Rohbau der neuen Waschkaue aufgebahrt waren. Dann am 10. Februar die Trauerfeier. 287 Särge, ein Meer von Kränzen. „Hinterher hatten wir nur noch Beerdigungen als Betriebsrat.“ Das gehtWilli Pauly, der später Betriebsratsvorsitzender, Knappschaftsältester und Mitglied des Stadtrates Völklingen war, heute noch nach.




Der 7. Februar wird für ihn immer ein Tag besonderer Trauer sein, und die schrecklichen Bilder von unter Tage werden ihn nie ganz verlassen.

Auch Horst Lui nicht, den damals 28-jährigen Schlosser, ebenfalls Mitglied der Grubenwehr. Er war unter Tage, als das Unglück passierte. Weil er zurückblieb, um noch schnell ein Brot zu essen , blieb er von der Explosion und dem Feuer verschont. Die Druckwelle allerdings schleuderte ihn und seinen Kollegen meterweit.

Als der Staub sich gelegt hatte und Horst Lui wieder klar denken konnte, gab es nur eines: den Bruder suchen, Hans-Josef Lui (34), der am Unglücksort auf Schicht war. Auch Robert Scherer kam an zahlreichen Toten vorbei, konnte aber auch einige Kumpel lebend bergen helfen. Nach Stunden war er am Ziel. Dass der Tote vor ihm sein Bruder war, erkannte er an den Narben einer schweren Bauchverletzung aus dem Krieg. Hans-Josef Lui war bei den Fallschirmjägern gewesen, hatte vier Jahre Kriegsgefangenschaft in Russland überstanden, um nun im Bergwerk unter Burbach, wo er wohnte, den Tod zu finden.

Zehn Tage lang half Horst Lui, nach Toten und Vermissten zu suchen. Dann bekam er einen Nervenzusammenbruch. Ließ zu Hause seinen Kopf zu Hause auf den Küchentisch sinken und konnte nicht mehr aufhören, zu weinen.

Noch Jahre später war es Horst Lui unmöglich, am 7. Februar zur Arbeit zu gehen. Seit damals trägt er die traumatischen Erinnerungen mit sich herum, wie all die anderen, die dem Unglück nahekamen: die Überlebenden und ihre Angehörigen, die Rettungsleute, die Sanitäter, die Krankenwagenfahrer, die Hubschrauberpiloten und die Leichenbestatter.




 

Die Katastrophe vom 7. Februar 1962 ist als schwerstes Grubenunglück in die Geschichte des Saar-Bergbaues eingegangen.

Weltweit hatte es bis dahin bei nur drei Grubenkatastrophen mehr Tote gegeben: 1942 waren es 1527 in der Mandschurei; 1903 in Courrières bei Lens/Frankreich 1100; 1946 in der Schachtanlage Grimberg/Ruhr waren es 406.

Die Ursachen der Katastrophe von Luisenthal wurden nie vollständig geklärt. Es steht fest: Grubengas (Methangas) verband sich mit Luft zu einem explosiven Gemisch, das ein einziger Funke zu entzünden vermochte. Die Gasexplosion wiederum entzündete Kohlenstaub. Aber wo kam der Funke her? Ein Kurzschluss? Es ist nicht mehr zu klären.

Bei einer sieben Wochen dauernden gerichtlichen Untersuchung kamen 1964 Sicherheitsmängel auf Grube Luisenthal zur Sprache: u.a. Fehler im System der Gesteinstaubsperren und eine angebliche Überbelegung der Wetterabteilung. Doch sah sich die Große Strafkammer des Landgerichtes Saarbrücken außerstande, den 13 Angeklagten, unter ihnen der Betriebsführer, Fahrlässigkeit oder eine anders begründete persönliche Schuld nachzuweisen. Alle Angeklagten wurden freigesprochen.

Was ist geblieben außer den Erinnerungen in den Köpfen der Betroffenen und Beteiligten?

Ein 1963 errichtetes Mahnmal vor dem Zechentor in Luisenthal und die Gräber der Bergleute auf den Friedhöfen von Luisenthal, Saarbrücken-Burbach, Püttlingen, Völklingen und Heusweiler. Die noch 1962 ins Leben gerufene Stiftung „Hilfswerk Luisenthal“ hat bis heute fast elfeinhalb Millionen Mark an Spenden aufgebracht und verwaltet. Hinterbliebene von Opfern sind daraus so gut wie nicht mehr zu fördern.

Heute kommen die Spenden und deren Zinsen Hinterbliebenen von später im Bergbau tödlich Verunglückten, Schwerverletzten, Opfern anerkannter Bergbau-Berufskrankheiten wie Silikose und Asbestose, bergmännischen Reha-Zentren und Projekten des Arbeits-und Gesundheitsschutzes zugute. Deshalb zahlen die Beschäftigten des Saarbergbaues auch gerne monatlich 25 Pfennig oder 11 Cent von ihrem Lohn und Gehalt in das Hilfswerk ein.


Die Gedenkstätte


Der Initiator des Denkmahls war Josef Prior!
  
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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